




Wie hängen Sharing-Konzepte und Zusammengehörigkeitsgefühl zusammen? Und welche Rolle spielt das Thema Mobilität bei der Entwicklung des Wohnquartiers laimlight? Auf diese Fragen gibt uns Simon Weber, Verantwortlicher für Mobilitäts- und Nutzungskonzepte bei der GEHO-West, Antwort. Er verrät auch, welches Angebot im laimlight er selbst jetzt schon gerne nutzen würde.
Das Leben verändert sich gerade stark: Kultur, Arbeitswelt, öffentliches Leben, Mobilität. Wie geht es Ihrer Meinung nach mit dem Wohnen weiter?
Simon Weber: “Durch Lockdowns und Ausgangssperren merken wir besonders, welche neuen Anforderungen wir an das eigene Zuhause haben. Wie arrangiert man sich? Wie schafft man sich Freiräume? Wie kann man trotzdem gut seinen Aufgaben nachkommen? Solche Herausforderungen haben im letzten Jahr eine andere Dringlichkeit bekommen, aber sie sind an sich nicht neu. Bei der Planung des laimlight haben wir uns viele dieser Fragen vor 10 Jahren bereits gestellt. Deshalb haben wir eine Vielzahl von Nutzungen auf dem Gelände integriert, die die Grundlage für Gemeinschaft und soziales Miteinander schaffen. Wir nennen das ‘gelebte Räume’.”
Was genau können wir uns darunter vorstellen?
Simon Weber: “Wir schaffen Begegnungsstätten, an denen sich die Bewohner:innen aktiv treffen können und sich nicht nur zufällig im Treppenhaus begegnen. Das Gefühl von Zuhause entsteht dadurch, dass man neue Bekanntschaften und Freundschaften im Quartier schließt.”
Die Fragen “Wodurch entsteht Heimatgefühl?” oder auch “Wodurch entsteht Zugehörigkeitsgefühl?” haben Sie ja auch während der Planung in der laimlight-Arbeitsgruppe “Mensch” gemeinsam mit Soziolog:innen diskutiert. Was sind die zentralen Ergebnisse davon?
Simon Weber: “Wenn der Mensch sich wahrgenommen und ernst genommen fühlt, ist er auch engagierter an der ganzen Sache dran. Mitspracherechte, die Möglichkeit zur Verwirklichung, eine nahe Anlaufstelle, an die man sich wenden kann, um Dinge anzusprechen – wie beispielsweise in unserer zentralen Begegnungsstätte – sind wichtige Aspekte. Sicherlich ist das auch aus einer funktionalen Sicht heraus entstanden, in der man einfach jemanden braucht, um dieses Angebot zu verwalten und beispielsweise Buchungsmöglichkeiten der nutzbaren Räume reguliert. Und das passiert inmitten unseres Quartiers selbst.”
„Mitspracherechte und die Möglichkeit zur Verwirklichung, das sind wichtige Aspekte.“
Wie oder durch welche konkreten Angebote fördern Sie eine solche Zusammengehörigkeit und Begegnungen im laimlight?
Simon Weber: “Als aller erstes ist es die zentrale Begegnungsstätte. Darüber hinaus haben wir ein Café für das Quartier, einen Gemeinschaftsraum mit einer gemeinschaftlich nutzbaren Küche, in der man zum Beispiel die Erzeugnisse aus den Beeten von der Dachterrasse gemeinsam weiterverarbeiten kann. Als weiteres Angebot sehe ich außerdem auch die unterschiedlichen Sharing-Möglichkeiten.
Und da geht es vor allem auch um das Sharing von Alltagsgegenständen. Man schafft gemeinsam Sachen an, die man sich alleine nicht zulegen würde, weil sie zu teuer sind, zu viel Platz in der eigenen Wohnung wegnehmen oder auch zu selten gebraucht werden. Aber dennoch würde man sie hin und wieder gerne nutzen. Bei diesem Angebot, welches sich über die Jahre nach Bedarf entwickeln soll, kann man der Phantasie keine Grenzen setzen: Das können Spezialwerkzeuge sein, Sportausstattungen von Geräten bis hin zu Schneeschuhen oder ganz simpel Druckergeräte. All diese Dinge kann man dann in einen Sharing-Pool bringen und gemeinschaftlich nutzen.”
Und wie wird dieses Sharing-Konzept in der Praxis umgesetzt? Über Apps?
Simon Weber: “Genau. Über diesen ganzen Angeboten steht eine zentrale Quartiers-App, die letztendlich alle Funktionen zusammenbringt, und die Menschen miteinander vernetzt. Wir sind der Meinung, damit das Konzept funktioniert, muss es einfach, barrierefrei und charmant allen Bewohner:innen zugänglich sein.”
„Über diesen ganzen Angeboten steht eine zenrale Quartiers-App, die alle Funktionen zusammenbringt und die Menschen miteinander vernetzt.“
Es gibt auch einen Bereich, der sich dem Konzept Co-Living gewidmet. Wie darf man das verstehen? Was hat man davon, wenn man dort wohnt?
Simon Weber: “Wir haben in einem Gebäudeteil vier Etagen, also rund. 1.200 m², dem Co-Living gewidmet. Das sind etwa 10 % der gesamten, zur Verfügung stehenden Wohnfläche. Dort entstehen Mikro-Appartements mit je etwa 20 oder 25 m² und großen Gemeinschaftsküchen und Gemeinschaftswohnzimmern. Als Zielgruppe dafür sehe ich Leute, die gerne Anschluss zu Gleichgesinnten suchen, denen aber eine klassische WG, wie man sie aus Studentenzeiten kennt, vielleicht zu wenig Privatsphäre bietet. Der Vorteil für sie ist die Möglichkeit, sich in seinen eigenen Räumen auch selbstständig zu organisieren und zu separieren. Man hat dort ein eigenes Bad und einen eigenen kleinen Küchenbereich, kann aber gleichzeitig durch die sehr großzügig gehaltenen Wohnzimmer und Küchen auch am gemeinschaftlichen Leben teilnehmen. Genauso ist das Co-Living-Prinzip auch geeignet für Senioren-WGs oder auch Mehrgenerationen-Wohnen. Dort kann man mit den Schwiegereltern oder Großeltern zusammenziehen und es hat jeder seinen eigenen Lebensraum. Zum Abendessen trifft man sich dann aber in der Gemeinschaftsküche.”
Welche Rolle spielt für Sie das Thema Mobilität bei der Entwicklung eines Quartiers?
Simon Weber: “Wir stehen, glaube ich, gerade an einem Umbruch was das Mobilitätsverhalten angeht und wenn man so ein Haus plant, entwickelt man das für die nächsten 80 bis 100 Jahre – und wir entwickeln in Laim ein ganzes Quartier. Wir werden in Zukunft nicht mehr diesen hohen Bedarf an Stellplätzen in einem Wohngebäude haben, wie das aktuell noch der Fall ist. Deswegen haben wir ein flexibles Konzept erarbeitet, das sich den sich ändernden Anforderungen an die Mobilität anpasst und ihr in den nächsten Jahren auch Rechnung trägt. Wir haben uns sogar konzeptionell mit der Frage beschäftigt, was man mit den Untergeschossen in ein paar Jahrzehnten anfangen kann, wenn es deutlich weniger Autos geben wird. Wir haben mit Student:innen ein Konzept erarbeitet, in dem man ein Untergeschoss auch für Vertical Farming nutzen kann.
„Wir haben ein flexibles Konzept erarbeitet, das sich den sich ändernden Anforderungen anpasst und den in München immer teurer werdenden Wohnungsmarkt verträglicher macht.“
Und wieder zurück zu Mobilität und dem eigenen Auto: Wenn man es auf den Monat runter rechnet, kostet einen ein VW Golf im Monat leicht 400 bis 500 €, Wertverlust mit eingerechnet. Und wir glauben, dass wir mit unserem Mobilitätskonzept einen Beitrag dazu leisten können, den automatisch teurer werdenden Wohnungsmarkt in München verträglicher zu machen, weil man nicht ganz auf die Mobilität verzichtet bzw. sogar ganz flexible, für sich passende Lösungen buchen kann, ohne diesen Kostenblock “eigenes Auto” mit sich rumschleppen zu müssen.”
Wenn Sie im laimlight wohnen würden, welches Angebot würden Sie selbst am liebsten nutzen?
Simon Weber: “Also ich fahre sehr gerne Fahrrad. Wenn ich am Wochenende mit meinem schmutzigen Bike vom Isar-Trail komme, stelle ich es mir toll vor, gleich in das erste Untergeschoss des laimlight zu fahren, wo ich die Fahrrad-Station nutzen und dort mein Rad waschen und einen kurzen Service machen kann. Unten kann ich es dann auch in einer Box absperren, wo es sicher gelagert ist und ich muss es nicht durch ein enges Treppenhaus in die Wohnung schleppen.”
Wer kann denn eigentlich alles ins laimlight einziehen? Gibt es irgendwelche Voraussetzungen?
Simon Weber: “Das ganze Konzept steht und fällt mit der Akzeptanz durch die Bewohner:innen. Ich würde mir wünschen, dass wir im Zuge der Auswahl unserer Mieter:innen auch Leute aus unterschiedlichsten Gruppen der Bevölkerung finden, die aber mindestens den gemeinsamen Nenner in sich tragen, dieses Konzept und damit das Quartier auch mit Leben ausfüllen zu wollen. Sodass wir irgendwann die Gelegenheit haben, das zu multiplizieren. Sodass es ein Konzept ist, das sich auch weiterträgt. Sodass es nicht nur bei einem laimlight bleibt, sondern auch noch ähnlich gelagerte Folge-Konzepte geben wird.
„Ich wünsche mir Mieter:innen, die dieses Konzept und damit das Quartier mit Leben ausfüllen wollen und mit ihrer Individualität zur Vielfältigkeit im Quartier beitragen.“
Ich denke nicht, dass wir die Vergabe und Verteilung der Wohnungen vor Anfang 2023 in Angriff nehmen werden, weil das einfach zu früh wäre. Dann werden wir uns aber mit den Menschen in Verbindung setzen und wollen mit unseren Soziolog:innen einen Fragebogen entwickeln, um eine passende Auswahl der Mieter:innen treffen zu können. Da geht es nicht darum, eine Schufa-Auskunft zu schicken, auch wenn das ein nicht ganz zu vernachlässigender Faktor ist. Wir stellen voran, dass der Mensch zu unserem Konzept passt und dass die Individualität eines Einzelnen zur Vielfältigkeit im Quartier beiträgt.
Eine Mischung bedeutet für mich, dass ein Kindergärtner mit Dreadlocks genauso gut reinpasst wie die Anwältin im Blazer. Jede:r kann da einen Beitrag leisten, solange Interesse besteht, an so einem Gemeinschaftskonzept teilzunehmen und die eigenen Fähigkeiten der Gemeinschaft zur Verfügung zu stellen.“
Wir danken für das Gespräch.